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Die nette Toilette als Ergänzung zum bestehenden Angebot

Logo "Die nette Toilette" | Grafik zur Verfügung gestellt von "Die nette Toilette"

In dieser Episode unseres Lokal-Podcasts spricht Oliver Springer mit Herbert Nebel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über das Projekt “Die nette Toilette”. Die Fraktion hat in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf einen Antrag eingebracht, dem Projekt beizutreten und dadurch das Angebot an öffentlich zugänglichen Toiletten im Bezirk zu verbessern.

Herbert Nebel unterstreicht, dass es nicht nur um die Anzahl der Toiletten geht, sondern auch um deren Zustand, Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Kostenfreiheit, Lage und Auffindbarkeit. Er vergleicht die Anzahl der Toiletten in Charlottenburg-Wilmersdorf bzw. Berlin mit der in anderen Städten wie Hamburg und München.

Herbert Nebel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über das Projekt “Die nette Toilette” | Foto zur Verfügung gestellt von Herbert Nebel zum Thema nette Toilette

Öffentliche Toiletten sind in Anschaffung und Betrieb relativ teuer. Die “Nette Toilette” stellt prinzipiell eine kostengünstige und schnelle Lösung dar, um die Zahl der öffentlich zugänglichen Toiletten zu erhöhen. Gastronomiebetriebe und Geschäfte stellen ihre Toiletten zur Verfügung, erhalten einen öffentlichen Kostenzuschuss und werden in einer App gelistet. Hebert Nebel erklärt die Aufwandsentschädigung für die Betriebe und vergleicht sie mit den Betriebskosten öffentlicher Toiletten in Berlin.

Er bekräftigt, dass “Die nette Toilette” eine sinnvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für öffentliche Toiletten sein soll. Eine angemessene Grundversorgung ist seiner Meinung nach Aufgabe der Kommunen.

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Transkript zur Episode

Oliver Springer: Charlottenburg in Bewegung, ich bin Oliver Springer. Unser Thema in dieser Folge ist “Die nette Toilette”. Darüber sprechen wir mit Herbert Nebel von der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Hallo.

Herbert Nebel: Hallo, Oliver.

Oliver Springer: Ihr habt als Fraktion in Charlottenburg-Wilmersdorf einen Antrag in die BVV, also die Bezirksverordnetenversammlung, eingebracht, das Projekt “Die nette Toilette” zu unterstützen. Dabei geht es um die kostengünstige Verbesserung des Angebots an öffentlichen Toiletten. Denn, das sollten wir vielleicht an den Anfang stellen, es gibt viel zu wenige davon.

Herbert Nebel: Ja, also erst mal eine kleine Korrektur. Das Projekt “Die nette Toilette”, also, wir haben nicht beantragt, dieses Projekt zu unterstützen, sondern diesem Projekt beizutreten. Soll heißen, wir wollen da mitmachen, um das Angebot an öffentlich zugänglichen Toiletten in unserem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zu erhöhen. Du hast jetzt gesagt, es gibt davon viel zu wenige. Ich glaube, da kommen wir später noch mal drauf zurück. Ich habe mal geschaut, wie viel öffentliche Toiletten wir in Charlottenburg-Wilmersdorf haben, das sind 44.

Wenn ich das jetzt in Beziehung setze, also als Bezugsgröße mal die Anzahl Einwohner nehme, dann kann man sagen, haben wir pro 8.000 Einwohner eine öffentliche Toilette. Das entspricht auch so ungefähr dem Schnitt von Berlin. Wenn ich das vergleiche mit anderen Städten wie Hamburg: Dort sind es pro 9.500 Einwohner eine öffentliche Toilette und in München sogar pro 10.000 Einwohner eine öffentliche Toilette.

Jetzt weiß ich nicht, was das aussagt. Also es heißt jetzt zunächst mal: Auf den ersten Blick sehen wir eigentlich gar nicht so schlecht aus, was die Anzahl öffentlicher Toiletten anbelangt, aber, ich mein, wir sollten, wenn wir über eine öffentliche Toiletten-Infrastruktur reden, unterscheiden zwischen einerseits öffentlichen Toiletten und andererseits über Toiletten, die öffentlich zugänglich sind.

Also, die erste Kategorie, damit meine ich jetzt öffentliche Toiletten, die die Kommunen betreiben. Mit den öffentlichen Toiletten muss meines Erachtens die Kommune eine Grundversorgung absichern. Die zweite Kategorie, damit meine ich zusätzlich zu den öffentlichen Toiletten, dass Toiletten zum Beispiel in Bahnhöfen, in Kaufhäusern und Einkaufszentren, die von allen benutzt werden können, aber nicht von den Kommunen betrieben und finanziert werden.

Wir sollten uns deshalb nicht die Frage stellen, wie viel öffentliche Toiletten wir brauchen, sondern wie viel öffentlich zugängliche Toiletten zur Verfügung stehen sollten. Denn wenn ich das dringende Bedürfnis habe, eine Toilette aufzusuchen, dann ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, wer diese Toilette zur Verfügung stellt und betreibt.

Und dann möchte ich aber noch auf ein paar Aspekte hinweisen, die mir wichtig erscheinen, damit die Zahl 44 vielleicht mal ein bisschen eingeordnet werden kann. Wichtig für eine akzeptable Grundversorgung ist ja nicht nur die Anzahl der öffentlichen Toiletten, ich komme jetzt wieder auf die öffentlichen Toiletten zurück, sondern auch der Zustand, die Ausstattung dieser Toiletten.

Ein wichtiger Aspekt ist die Verfügbarkeit. Damit, meine ich, sind diese Toiletten rund um die Uhr zugänglich? Und zweitens, wie störanfällig sind Sie? Wenn also so eine öffentliche Toilette die Hälfte des Jahres wegen irgendwelchen technischen Problemen nicht funktionsfähig ist, habe ich ein Problem.

Ein weiterer Aspekt ist die Barrierefreiheit. Wenn die nicht gegeben ist, haben wir nämlich das Problem, dass ein Teil der Bevölkerung diese Toiletten nicht benutzen kann. Dann ein ärgerlicher Punkt: kostenlose Nutzung. Wie häufig es schon mal passiert, dass man dringend auf Toilette muss, dann eine öffentliche findet und keinen Euro dabeihat oder auch keine Karte, mit der man dann den Betrag bezahlen kann. Also deswegen meine ich, sollten diese Toiletten auch kostenlos genutzt werden können.

Dann, ein wichtiger Punkt ist der Standort. Also, wenn ich jetzt in die 44 Toiletten in Charlottenburg, öffentliche Toiletten in Charlottenburg-Wilmersdorf wird es irgendwo in der Walachei installiere, wo sie niemand benötigt, dann ist das ja auch ein Problem. Das heißt, ich sollte eigentlich eine Standortanalyse machen, bevor ich so etwas aufstelle, und wenn ich’s aufgestellt habe, überprüfen, ob sie auch tatsächlich ordentlich genutzt werden.

Das heißt, wahrscheinlich wird es eher so an Orten mit Einkaufsmöglichkeiten oder beliebte Ausflugsziele und so weiter sein. Und der letzte Aspekt, und dann kommst du wieder zu Wort, das ist die Auffindbarkeit von solchen Toiletten. Sind die gut ausgeschildert, finde ich im Internet die Adressen der Toiletten, gibt es Apps, wo ich sagen kann Wo ist denn die nächste Toilette?

Und wenn diese Aspekte alles berücksichtigt sind, und das weiß ich halt nicht mehr bei den 44 im Augenblick, dann kann ich sagen, also ja, da ist eine Grundversorgung sichergestellt oder auch nicht.

Oliver Springer: Starten wir mal das Kopfkino und denken an öffentliche Toiletten, die wir selbst irgendwann besucht haben, lass uns vielleicht kurz, wirken. Luxus ist also ziemlich der letzte Begriff, der mir einfällt, aber mit Blick auf die Kosten für eine öffentliche Toilette, da passt der Begriff Luxus dann irgendwie doch …

Herbert Nebel: Da muss ich dir jetzt leider recht geben. Der Senat gibt ja auf seiner eigenen Webseite an, dass die Herstellung und die Installation von der öffentlichen Toilette im Schnitt, da gibt es unterschiedliche Varianten, die sind unterschiedlich teuer, aber im Durchschnitt kostet eine so eine Toilette, also Herstellung und Installation, 135.000 €, das ist das eine. Das andere sind dann die Betriebskosten pro Jahr. Da habe ich den Wert gelesen auf der Website des Senats von durchschnittlich 35.400 € pro Jahr. Also das sind ja fast 3.000 € im Monat.

Ich habe jetzt mal recherchiert, und in Paris gibt es über 400 öffentliche Toiletten, die outgesourct wurden von der Stadtverwaltung, die dann von einem, ja, französischen Konzern betrieben, der Muttergesellschaft übrigens von Wall, also einer Firma, die auch in Berlin bekannt sein dürfte, die auch vier Toiletten betreibt. Und diese Toiletten stehen allen zur Verfügung, Bürgern und Touristen, sind kostenlos für diese . Die Stadtverwaltung überweist pro Toilette pro Monat 1.200 €.

Das ist also ein Drittel dessen, was die Betriebskosten in Berlin verursachen, was die sind, und ich glaube das sind, aber da habe ich keine gesicherten Informationen gefunden, da sind sogar auch noch die Anschaffungskosten drin, dieser Konzern, der die Toiletten betreibt, ja, der stellt die dafür auch hin.

Ich habe mir Bilder angeguckt von diesen Toiletten, die sind etwas kleiner, vielleicht auch ein bisschen weniger komfortabel, aber es wäre zumindest mal sinnvoll, sich das mal anzugucken, ob man da nicht auch vielleicht Kosten sparen könnte.

Oliver Springer: Ein Ausflug nach Paris lohnt sich bestimmt …

Herbert Nebel: Ich bin dabei.

Oliver Springer: Ähm, grob geschätzt, wie viele neue öffentliche Toiletten oder meinetwegen auch öffentlich zugängliche Toiletten müssten denn bei uns im Bezirk gebaut werden, um eine ausreichende oder – sind wir einfach mal ehrgeizig! – gute Versorgung zu ermöglichen?

Herbert Nebel: Also, ich meine, wenn die Kriterien, die ich vorhin erwähnt habe, nämlich die Barrierefreiheit, die Verfügbarkeit, die kostenlose Nutzung, vernünftige Auswahl von Standorten und die Auffindbarkeit … Wenn das alles berücksichtigt wurden, dass wir dann mit den 44 öffentlichen Toiletten in Charlottenburg-Wilmersdorf eine akzeptable Grundversorgung hätten.

Aber das setzt voraus, dass die Aspekte dann auch, das kann ich jetzt nicht gesichert sagen, dass die dann auch berücksichtigt wurden. Ja, eine gute Versorgung, sage ich, umso mehr, umso besser, aber es muss natürlich auch finanziert werden. Vielleicht mal eine Anmerkung noch: Der Berliner Senat hat, ich glaube 2016, den Auftrag gegeben, eine Studie, eine Konzeptstudie für öffentliche Toiletten. Und die hat er 2017 vorgestellt. Und in denen wurde am Rande, ist über 100 Seiten die Studie, aber an einer Stelle stand so klein: Nette-Toiletten-Konzept als Ergänzung zu den kommunalen öffentlichen Toiletten wären zu befürworten.

Das ist ja auch erst sechs Jahre her. Berlin braucht ja manchmal ein bisschen für Umsetzung, aber da wird in diesem Konzeptpapier zumindest auch darauf hingewiesen, dass das eine sinnvolle Ergänzung wäre, das Konzept, auf das kommen wir ja nachher noch zu sprechen.

Oliver Springer: Ich kann mir auch generell vorstellen, was so die Zeitplanung angeht, die wir jetzt ja angesprochen haben, das wird ein bisschen dauern: Standorte zu finden, und dann will auch nicht vielleicht jeder eine öffentliche Toilette vor der Tür haben. Ist wahrscheinlich alles gar nicht so einfach.

Herbert Nebel: Ja, aber dann der Verweis immer auf die ohnehin existierenden Toiletten, damit macht man sich manchmal ein bisschen leicht. Es gibt vom Oberverwaltungsgericht Münster, die haben 2017 festgestellt, dass aus dem grundgesetzlich garantierten Schutz der Menschenwürde kein Recht der Bürger und Bürgerinnen abgeleitet werden kann, dass die Kommunen kostenfreie öffentliche Toiletten zur Verfügung stellen. Geklagt hatte ein Bürger, der an krankhaftem Harndrang leidet oder gelitten hat, leidet wahrscheinlich immer noch, und er verloren hat, den Prozess. Das Gericht verwies ihn bei seiner Urteilsbegründung an Cafés, Restaurants und Kaufhäuser, wo er seine Notdurft verrichten könne, wie es in der Begründung des Gerichtsurteils dann heißt.

Aber, was das Gericht nicht berücksichtigt hat, meines Erachtens: Ein Notdurft-Gesetz besteht weder in Deutschland noch in der Europäischen Union. Heißt also, dass nirgendwo klar geregelt ist, dass zum Beispiel ein Gastronom einen Passanten auf seine Toilette lassen muss.

Oliver Springer: Was ja erstmal auch im Sinne der Gastronomie ist, dass sie bestimmen können, wer zu ihnen kommt, ne.

Herbert Nebel: Okay, ja.

Oliver Springer: Also gibt es auch Argumente für.

Herbert Nebel: Ja, aber ich find immer, wenn man mal dringend auf Toilette muss und es nicht kann, das ist die Vorstufe der Hölle oder der Folter.

Oliver Springer: Ja!

Herbert Nebel: Es grenzt an Folter.

Oliver Springer: Ganz sicher, ganz sicher.

Herbert Nebel: Ja, und das ist dann also, okay, aber es gibt viele, auch Gastronomen, die das einfach ablehnen, ist mir bekannt.

Oliver Springer: Ne rundum Wohlfühlversorgung mit öffentlichen Toiletten im Bezirk ist auf wahrscheinlich absehbare Zeit unrealistisch, wenn’s jedenfalls über Steuergelder finanziert werden soll. Ja, in der Gastronomie und im Handel, haben wir gesagt, da gibt’s ja reichlich Toiletten, die – ich nenne es jetzt mal so: nicht voll ausgelastet sind. Und da kommt jetzt “Die nette Toilette” ins Spiel.

Herbert Nebel: Ja, also, vielleicht nochmals das Ziel unseres Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es, saubere und ansprechende Toiletten für alle, also Touristinnen, Touristen und Berlinerinnen und Berliner, bereitzustellen. Und wie funktioniert das? Wie, wie sieht das Konzept aus? Gastronomiebetriebe und Geschäfte stellen ihre Toiletten zur Verfügung, die ohne Kaufzwang kostenlos genutzt werden dürfen.

Zweitens, als Gegenleistung erhalten die Betriebe einen städtischen Zuschuss. Und Drittens: Teilnehmende Unternehmen haben einen entsprechenden Aufkleber an der Scheibe und werden in einer App gelistet, sodass sie auch aufzufinden sind. Also, die Idee stammt übrigens ursprünglich aus Aalen, und zwar nicht mal von einer Firma, von der innovativen Firma, sondern von der Stadtverwaltung oder Magistrat, ich weiß nicht, wie das heißt in Aalen, die das dann auch, ich mein das war um 2017 herum, als erste umgesetzt haben.

Oliver Springer: Wenn man zum ersten Mal von der “Netten Toilette” hört, dann könnte man das Ganze ja für so eine durchaus sympathische Idee halten, die sich in der Breite aber kaum durchsetzen dürfte.

Herbert Nebel: Na ja, also es gibt nach eigenen Angaben von der “Netten Toilette”, von diesem Verein, gibt es 321 Städte und Gemeinden in Deutschland, der Schweiz und Österreich, die da Mitglied sind in diesem Projekt und wo das umgesetzt wurde. Zusätzlich gibt es auch noch Städte, die das Gleiche machen, ohne Mitglied in diesem Verein zu sein. Also zum Beispiel: Die Stadt Düsseldorf war mal Mitglied bei “Nette Toilette” und aus welchen Gründen auch immer, das weiß ich nicht, sind die dann wieder ausgestiegen und betreiben das gleiche Projekt jetzt unter City-Toiletten weiter. Aber es ist das gleiche Konzept, nämlich Gastronomen und so weiter zu gewinnen, und die kriegen einen Zuschuss und so weiter. Im Prinzip das Gleiche. Ich weiß nicht, wie viele Städte das insgesamt dann sind, also es müsste dann über die 321 hinausgehen.

Ich habe rauszukriegen versucht, in diesen 321 Städten, wie viele Gastronomen, Geschäfte gewonnen werden konnten. Und da war die Zahl, also ich weiß es nicht genau, aber mir schien die Zahl eher ernüchternd zu sein, dass da vielleicht dann ungefähr das, was man so an öffentlichen Toiletten zur Verfügung stellt, dann nochmals die gleiche Anzahl oder die Doppelte oder Dreifache, aber nicht das Zehnfache ist. Also, das hat mich dann so ein bisschen verwundert.

Oliver Springer: Da kann man wahrscheinlich noch, ja, an den konkreten Anreizen feilen. Also die Betreiber bekommen ja dann jeden Monat eine Aufwandsentschädigung, aber über die Höhe könnte man ja dann auch noch überlegen, neue Anreize zu setzen. Im Vergleich zu steuerfinanzierten öffentlichen Toiletten, da wären irgendwie 10 Prozent mehr oder weniger ja dann nicht das Entscheidende.

Herbert Nebel: Das sehe ich genauso. Also, bei der “Netten Toilette” bekommen die Gastronomen, die Geschäfte pro Monat 60 bis 100 Euro Zuschuss je nach Lage und WC-Ausstattung für Reinigung und Instandhaltung.

Das ist nicht viel, das sind im Jahr vielleicht im Schnitt, wenn man von 80 € ausgeht, um die 1.000 €. Das könnte man leicht, wenn man dann weiter oben noch zurückdenkt, also die Zahl, die 3.600 € oder wie viele das … nee, 3.000 €, allein Betriebskosten pro Monat, das ist dann eine ganz andere Größenordnung. Also ,hier könnte ich für 1000 €, sage ich mal in der Größenordnung, eine Toilette, die öffentlich zugänglich ist, zur Verfügung stellen.

Aber offensichtlich hat auch Düsseldorf mit seiner City-Toilette das erkannt. Die zahlen jetzt 100 bis 150 € pro Monat, das ist ja schon mal – und ist dann auch kein Hexenwerk, das sind dann vielleicht 1.500 € im Monat. Das ist ja immer noch eine kostengünstige, eine preiswerte Lösung, um eine öffentliche Toilette zur Verfügung zu stellen.

Oliver Springer: Genau, also die Aufwandsentschädigung ist nicht besonders üppig für Restaurants, Cafés und Geschäfte. Also alle, die irgendwie noch Menschen anlocken wollen, ist das natürlich auch noch eine Chance, so eine Art, ja, “Schnupperangebot” zu bieten für die Kunden, also potentielle Neukunden.

Herbert Nebel: Ja, also, eine öffentlich zugängliche Toilette als “Schnupperangebot”, das klingt interessant, muss ich mal drüber nachdenken, aber ehrlich oder ernsthaft: Ob das Angebot zu viel mehr Kundschaft führt, das weiß ich nicht, da habe ich eher meine Zweifel. Da wird sicherlich der eine oder die andere dann auch mal sitzen bleiben und noch einen Kaffee trinken oder, ich weiß es nicht, aber da kenne ich jetzt keine Untersuchungen. Aber ich bin dann eher, sag ich mal, ein bisschen im Zweifel, dass das das Problem vielleicht mancher Wirte oder Gastronomen lösen wird.

Oliver Springer: Aber da würde ich noch mal aufgreifen, was du vorhin gesagt hast. Stichwort Auffindbarkeit: Da könnte man ja auch mehr sozusagen in die Werbung investieren in Hinweise. Und dann könnte man sozusagen die Standorte auch entsprechend prominent hervorheben, in verschiedenen, ja, über verschiedene Möglichkeiten.

Zum Beispiel denken wir nur mal … Ich bin mal ganz spontan, habe ich mir vorher nicht überlegt. Sagen wir mal Gebäude von der Stadt, die Aushänge oder irgendwelche Flächen haben, wo Hinweise aufgehangen werden können. Die könnten zum Beispiel ein großes Schild so, sagen wir mal bei einer Bibliothek oder anderen Einrichtung haben, nächste, also Nächste öffentliche Toilette dort und dort. Oder nächste öffentliche Toiletten, ja, also sagen wir mal in einem Kilometer, oder sagen wir mal 500 Meter Umkreis so, und dann würden solche Standorte natürlich viel prominenter hervorgehoben und so, so was durchzuführen, würde ja auch nicht jetzt Riesenkosten oder Riesenaufwand verursachen, so als spontane Idee.

Herbert Nebel: Ja, also es gibt ja auch in jeder mittelgroßen Stadt oder größeren Stadt gibt es auch immer ein Tourismusbüro. Und ich habe auch schon festgestellt im Internet, dass bei diesen Unterlagen für Touristen, dass da doch häufig die öffentlichen Toiletten aufgelistet sind, beziehungsweise Angabe über eine App, die man sich runterladen kann. Oder also, wo die ganzen Adressen drinstehen, die Lokale drinstehen, die werden da häufig schon aufgelistet.

Damit könnten wir das, vielleicht, … Weil es ist schon, denke ich mir, gerade für Leute im gesetzteren Alter vielleicht durchaus ein Argument bei einer Stadtbesichtigung zu wissen, also wenn ich dort jetzt hingehe und so, da habe ich immer die Möglichkeit, auch mal, wenn es sein muss, auf eine Toilette zu gehen. Also und da kann man ein bisschen was machen, das würde ich genauso sehen, also Richtung Tourismus würde das ja, glaube ich, auch sehr stark dann gehen.

Oliver Springer: Der Tourismus profitiert auf jeden Fall davon, wenn Orte angenehmer sind. Also, gerade ja, also ist ja schon ein Faktor, wo, wo man dann einen Ausflug hin macht…

Herbert Nebel: Also, es einen Lehrstuhl an der Hochschule Rhein-Waal, wo über die Bedeutung von Toiletten für den Tourismus geforscht wird, wusste ich vorher auch nicht.

Oliver Springer: Hört, hört.

Herbert Nebel: Und dort, der Professor Dirk Reiser sagt: “Öffentliche Toiletten können ein Tourismus-Faktor sein”, das sagt der Professor Dirk Reiser, der die Bedeutung von Toiletten für den Tourismus erforscht. Das ist derjenige, der für den Lehrstuhl zuständig ist. Ein Jahr, meint er, der Reiser, verbringt der Mensch in seinem Leben auf dem Klo. Nicht nur deswegen sind Toiletten wichtig. So, das habe ich jetzt zitiert, von einem Interview von Dirk Reiser.

Ich habe da jetzt keine Veröffentlichung gefunden, wo das noch mal untermauert wird und nachgewiesen wird, aber wichtig ist auch: Wenn ich heute auf ein Fest gehe, auf ein Konzert, auf Sportveranstaltungen oder auch auf Baustellen, dann sind doch heute überall mobile Toilettenkabinen oder mobile Toilettencontainer beziehungsweise Toilettenwagen, stehen da überall zur Verfügung. Ich weiß nicht, ob das früher auch schon so war, aber das ist heute scheinbar ein Service, der mit dazugehören muss oder der Standard ist. . Das unterstreicht eigentlich auch nochmals die Bedeutung für den Tourismus.

Das denke ich mir, dass dort, wenn man Touristen anlocken möchte, dass man denen dann auch eine Infrastruktur, eine Toiletten-Infrastruktur, eine vernünftige, zur Verfügung stellen muss.

Oliver Springer: Und ein anderer Aspekt ist natürlich auch die lokale Wirtschaft. Also, wenn man zu Hause im Internet bestellt, dann hat man immer die Toilette in Reichweite, da hat man auch stabiles WLAN, das ist alles gut.

Ja, wenn man nach draußen geht, dann überlegt sich so mancher natürlich auch: Okay, da bin ich jetzt nicht nur irgendwie fünf Minuten unterwegs, sondern es ist eine längere Sache, ich gehe in mehrere Geschäfte. Wie ist denn die Versorgung mit öffentlichen Toiletten?

Herbert Nebel: Ja, das, also da muss man vielleicht auch … Da hat man unterschiedliche Zielgruppen, aber eine kauf-, eine zahlungskräftige Zielgruppe sind ja durchaus auch die älteren Leute. Insbesondere im Alter nimmt das Risiko für Blasenfunkstörungen zu, das heißt, die Menschen müssen dann einfach öfters auf eine Toilette gehen. Es gibt, ja, von Spezialisten, so die Aussage, genaue Zahlen gibt’s da nicht, dass ungefähr ein Viertel aller Rentnerinnen und Rentner an Blasenschwäche leiden. Also gerade für diese ist es, glaube ich, besonders wichtig, dass dann dort, wo es viele Einkaufsmöglichkeiten gibt und ähnliches, dass dort auch eine Infrastruktur bezüglich Toiletten ist. Aber auch die anderen Leute müssen ja mal auf Toilette – oder Kinder: Papa, Papa, ich muss auf Toilette! Ja, macht nichts, wir sind gleich zu Hause. Nee, nicht, nicht zu Hause, ich muss jetzt auf Toilette! Und so weiter, kennt man doch.

Also, die haben dann auch, also ich weiß nicht, bei denen auch ohne große Vorwarnung. Ich glaube, dass das ein allgemeines Thema ist, wenn man sich heute …

Oliver Springer: Und eins, was unterschätzt wird, was gar nicht genug diskutiert wird und deshalb sprechen wir heute darüber.

Herbert Nebel: Ja.

Oliver Springer: So unterschiedlich die Standpunkte bei vielen Themen, so in der Politik sind: Eine preisgünstige Verbesserung des Angebots an öffentlichen Toiletten, das könnte ja auch wirklich ein Thema sein – ja, das so fraktionsübergreifend eine breite Mehrheit finden könnte, weil man sich da nicht so unbedingt mit seiner Position profilieren muss, sondern mehr so pragmatisch rangehen kann.

Herbert Nebel: Ja, also, davon gehe ich eigentlich auch aus. Und oder wir würden uns auch als GRÜNE sehr freuen, wenn alle demokratischen Fraktionen in der BVV unseren Antrag zu den “Netten Toiletten” unterstützen würden.

Und da sehe ich auch eine gute Chance. Zumal auch in, Pankow, war es glaube ich, die GRÜNEN zusammen mit der FDP einen ähnlichen Antrag eingebracht haben. Die Begründung war eine andere, fand ich ein bisschen schräg, aber da ging es auch um das “Nette Toiletten”-Konzept.

Oliver Springer: Zum Teil wird ja bei dem Thema Kosten damit argumentiert, dass durch ein Projekt wie “Die nette Toilette”, die heute vorhandenen teuren öffentlichen Toiletten, stillgelegt werden könnten. Was sagst du dazu?

Herbert Nebel: Ach, das halte ich für völlig daneben, diese Argumentation, die kenne ich sehr gut. Auch in dem Antrag von Pankow stand es drin, also völlig falscher Ansatz. “Die nette Toilette” ist meines Erachtens eine sinnvolle, kostengünstige Ergänzung zu den öffentlichen Toiletten, aber kein Ersatz.

Eine angemessene Grundversorgung sollten die Kommunen in jedem Fall zur Verfügung stellen. Da geht’s ja auch um solche Fragen, wie zum Beispiel Verfügbarkeit. Kaufhäuser haben am Wochenende nicht offen, also am Sonntag nicht offen. Kneipen, Restaurants haben vormittags vielleicht nicht offen und so weiter und so fort.

Also, die Verfügbarkeit, die auch Barrierefreiheit, lauter solche Punkte, die würden dadurch nicht garantiert werden können. Deswegen halte ich den Ansatz für völlig falsch, jetzt die ganzen öffentlichen Toiletten abschaffen zu wollen. Wäre zwar eine große Kosteneinsparung, würde aber völlig am Ziel vorbeigehen.

Wir brauchen die Infrastruktur, aber bevor wir jetzt noch weiter ausbauen viele, sollten wir uns wirklich überlegen, ob wir jetzt zusätzliche öffentliche Standorte, also zusätzliche Toiletten, die öffentlich zugänglich sind, schaffen können, ohne diesen großen finanziellen Aufwand durch dieses Konzept ” Nette Toilette”.

Oliver Springer: Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Das wird mit dem Antrag ja alles noch ein bisschen dauern. Wo gibt es weitere Informationen zum Thema?

Herbert Nebel: Also, es gibt auf der Seite des Senats viele Informationen. Einfach in eine Suchmaschine eingeben: “öffentliche Toiletten für Berlin”, egal in welcher Suchmaschine. Dann wird man dorthin geführt, da sind die Studien, da sind, was ist denn da noch alles? Pläne und wo Toiletten sind, also Konzepte, alles kann man dort nachlesen.

Und auch die verschiedenen Toiletten-Typen und so weiter. Wenn man etwas über “Die nette Toilette” wissen möchte, dann einfach “Die nette Toilette” in die Suchmaschine eingeben, dann wird man auch sofort dorthin geführt und kann über das Konzept etwas lesen.

Ja, wer es noch detaillierter wissen möchte, kann sich an mich wenden, da gibt’s auch einen Foliensatz, nicht von mir, sondern von der “Netten Toilette” und so weiter. Da kann ich auch vielleicht noch zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen.

Oliver Springer: Also, ich bin gespannt, wie es weitergeht. Danke dir fürs Mitmachen.

Herbert Nebel: Danke, dir auch … Weil das ein wichtiges Thema und ich bin froh, dass wir da mal in der Öffentlichkeit drüber sprechen konnten. Vielen Dank, Oliver.

Oliver Springer: An dich auch.

Herbert Nebel: Bis neulich.

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